28. June 2014 - 07. September 2014
Gesichter des Krieges
Fotografien von Anja Niedringhaus, Jan Banning und Bryan Adams

Falludscha, Irak, April 2004
Falludscha, Irak, April 2004
© Anja Niedringhaus/AP
2014 jährt sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zum 100. Mal. Das Stadthaus zeigt drei in sich geschlossene Zyklen mit Arbeiten der drei Ausnahmefotografen Anja Niedringhaus, Jan Banning und Bryan Adams, die extreme Gewalterfahrungen verschiedener Kriegswirklichkeiten portraitieren.
Kabul, Afghanistan, September 2009
Kabul, Afghanistan, September 2009
© Anja Niedringhaus/AP

Die Pulitzer-Preisträgerin Anja Niedringhaus (1965-2014) berichtete als Augenzeugin für Associated Press über 20 Jahre mit eindringlicher Schonungslosigkeit unmittelbar aus weltweiten Krisen- und Kriegsgebieten, unter anderem aus Kroatien und Serbien, Irak, Afghanistan, Libyen und Israel. Unter extremen Bedingungen dokumentierte Niedringhaus, oft Schulter an Schulter mit Soldaten, Leben und Sterben im Ausnahmezustand militärischer Auseinandersetzungen. Ihre Bilder rücken den Menschen ins Zentrum. Sie begegnete ihm mit Neugier und Respekt gleichermaßen, seien es Soldaten, die mit Verzweiflung, Wut, Schmerz oder Tränen kämpfen, oder eine strapazierte Zivilbevölkerung, die um Normalität und Würde ringt.
Unter dem Titel "At War" hatte sie eine Auswahl ihrer Arbeiten der letzten 10 Jahre zusammen gestellt, die u.a. bei C/O Berlin 2011 und in der Deutschen Börse Frankfurt/M. ausgestellt wurde und nun im Stadthaus gezeigt wird. Ein Ausstellungskatalog erschien bei Hatje Cantz und ist derzeit vergriffen.
Am 4. April 2014 wurde Anja Niedringhaus auf dem Weg zur Wahlbeobachtung in Afghanistan erschossen, ihre Kollegin Kathy Gannon schwer verletzt.

Wainem
Wainem
© Jan Banning

Der Portraitzyklus „Comfort Women“ (erschienen 2010) des niederländischen Fotografen und World Press Photo Award-Preisträgers Jan Banning (*1954) zeigt indonesische Frauen, die während des Zweiten Weltkrieges als sogenannte „Trostfrauen“ in Militärunterkünfte und Frontbordelle der japanischen Armee verschleppt und dort teils jahrelang Opfer sexueller Gewalt und systematischer Zwangsprostitution wurden. Mehr als sechs Jahrzehnte hatten die Frauen über die an ihnen begangenen Verbrechen geschwiegen - oft aus Scham und Angst vor sozialer Ächtung -, bevor sie sich von Jan Banning portraitieren ließen und über ihre leidvolle Geschichte, die seelischen Verletzungen und Folgeschäden berichteten. Das Buch „Comfort Women / Troostmeisjes“ ist 2010 bei Ipso Facto / Seltmann+Söhne erschienen.

Marine Mark Ormrod
Marine Mark Ormrod
© Bryan Adams

Dem französischen Philsosophen und Soziologen Jean Baudrillard zufolge verflüchtigt sich die Wirklichkeit durch eine visuelle Reizüberflutung in austauschbare Bilder. Kriege werden in den Medien überbelichtet, bleiben aber gleichzeitig unterbelichtet im Gedächtnis. Die in der Ausstellung präsentierten Arbeiten eint jedoch eine Wucht, die den Betrachter berührt. Diese Bilder bleiben abrufbar, weil auch das von Bedeutung ist, was nicht unmittelbar auf den Bildern zu sehen ist. Wir fragen uns nicht, wie nah man den abgebildeten Ereignissen oder Personen ist, wir hinterfragen auch nicht die Authentizität der Bilder oder versuchen sie mit der unmittelbaren Wirklichkeit zu vergleichen. Vielmehr erinnern wir diese Bilder, weil sich uns ihre Bedeutung und die Geschichte, die wir damit assoziieren, eingebrannt haben und sie über den engen Horizont bloßer Tagesaktualität hinausreichen.

Eintritt frei
Eröffnung: Freitag, 27. Juni 2014, 19 bis 21 Uhr
Projektleitung: Laura Schmidt, Berlin
Öffentliche Führungen:
Sonntag, 13. Juli, 14 Uhr
Donnerstag, 24. Juli 2014, 18 Uhr
Donnerstag, 7. August 2014, 18 Uhr
Donnerstag, 28. August 2014, 17 Uhr
Erwachsene € 3,50, Treffpunkt: Stadthaus-Eingangsbereich. Anmeldungen bitte unter 0731 / 161 7700.

Begleitveranstaltungen:

kurzfristig
Dienstag, 5. August 2014, 19.00 Uhr
Zur Ausstellung "Gesichter des Krieges"
im Gespräch:
Willi Böhmer und Martin Jäger
Der Südwest Presse-Autor Willi Böhmer war zur selben Zeit wie Anja Niedringhaus in Afghanistan, um über die Präsidentschaftswahl zu berichten. Anja Niedringhaus wurde auf dem Weg zu einem Wahllokal getötet.
Der aus Ulm stammende Martin Jäger, selbst einst Pressefotograf gewesen, war Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Afghanistan und als solcher unmittelbar mit dem Tod der berühmten deutschen Kriegsfotografin konfrontiert.
Zwischen Ulm - mit der Ausstellung im Stadthaus - und Kabul kreuzen sich die Wege der Fotografin, des Reporters und des Diplomaten.
Eintritt frei

 

Freitag, 22. August 2014, 19.00 Uhr

Comfort Women - Eine Zeitzeugin berichtet
Mit LEE Ok-seon, die während des Asien-Pazifikkrieges (1937-1945) vom japanischen Militär verschleppt und zur Sexarbeit gezwungen wurde.
Einführung: Nataly Jung-Hwa Han vom Korea-Verband
Moderation: Katrin Stern und Stefan Drößler, Amnesty International
Donnerstag, 28. August 2014, 19.00 Uhr
Filmvorführung - Because we were beautiful
Filmemacher Fank van Osch reiste gemeinsam mit dem Fotografen Jan Banning und der Journalistin Hilde Janssen nach Indonesien, um ehemalige "comfort women" zu porträtieren. In Because we were beautiful erzählen einige der Frauen ihre Geschichte trotz des Tabus, das mit diesem Thema verbunden ist.
€ 5,00

Die Ausstellung wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung
des Generalkonsulates der Niederlande, München und des Maritim Hotels, Ulm