Ausstellung im Stadthaus
15. February 2008 - 13. July 2008
Die Mörder sind unter uns
Der Ulmer Einsatzgruppenprozess 1958

Die Angeklagten Edwin Sakut und Harm Harms
Die Angeklagten Edwin Sakut und Harm Harms
Foto: Helmut Sander
„In Ulm steht eine ganze Epoche vor Gericht“ überschrieb der Korrespondent der Stuttgarter Zeitung am 4. Juni 1958 seinen Bericht über „den nach Umfang und Dauer größten deutschen Strafprozess mindestens seit Kriegsende; er behandelt auch ein Verbrechen, das ohnegleichen ist: den organisierten Verwaltungsmassenmord“.
Die Täter - Galerie in der Ausstellung
Die Täter - Galerie in der Ausstellung

Tatsächlich: Am 28. April 1958 hatte in Ulm der erste große Prozess vor einem deutschen Schwurgericht begonnen, der den Massenmord an Juden bekannt machte. Angeklagt waren zehn Angehörige des „Einsatzkommandos Tilsit“, einem mobilen Mordkommando von SS, Gestapo und Sicherheitsdienst, das 1941 an Massenerschießungen in Litauen beteiligt war. Der Prozess offenbarte, dass viele Täter noch unbehelligt mitten in der Gesellschaft lebten. Nach 60 Verhandlungstagen wurden alle zehn Angeklagten zu mehrjährigen Zuchthausstrafen verurteilt. Außerdem verloren sie zeitweilig ihre bürgerlichen Ehrenrechte, wie zum Beispiel das Wahlrecht.

Der Richterstuhl in der Ausstellung
Der Richterstuhl in der Ausstellung

Der Ulmer Einsatzgruppenprozess war eine Zäsur im Umgang mit dem Nationalsozialismus und prägte ein neues Selbstverständnis der jungen Bundesrepublik. Nach Jahren des Verschweigens und der Verdrängungspolitik wurden die NS-Verbrechen wieder ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Die Medien berichteten ausführlich, das Interesse der Öffentlichkeit war groß. Der „Staatsanwalt Zufall“ wurde abgelöst durch eine systematische strafrechtliche Verfolgung der NS-Täter. Die Gründung der Ludwigsburger Zentralstelle, der Frankfurter Auschwitz-Prozess von 1963 und andere große Gerichtsverfahren gegen NS-Verbrecher waren die Folge.

Journalisten und Zuschauer im Gerichtssaal 1958
Journalisten und Zuschauer im Gerichtssaal 1958

Die Ausstellung „Die Mörder sind unter uns“ veranschaulicht die umfangreichen Ermittlungen, mit denen Staatsanwälte und Kriminalbeamte die Massenerschießungen im litauischen Grenzgebiet von 1941 aufklärten. Das Haus der Geschichte Baden-Württemberg lenkt in seiner Ausstellung den Blick nicht nur auf die Verhandlungen, sondern zeigt auch die Reaktion der Öffentlichkeit auf den Ulmer Einsatzgruppenprozess. Journalisten, die ausführlich über Zeugenaussagen berichteten, kommen ebenso zu Wort wie Bürger und Bürgerinnen, die in Zuschriften an das Gericht Zustimmung und Kritik an den NS-Prozessen äußerten. Interviews mit Angehörigen von Tätern und Opfern schlagen einen Bogen in die Gegenwart.

Ausstellung 3. Obergeschoss: Reaktion der Öffentlichkeit
Ausstellung 3. Obergeschoss: Reaktion der Öffentlichkeit

Eine Ausstellung des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Haus der Stadtgeschichte - Stadtarchiv Ulm und dem Stadthaus im Stadthaus Ulm.
Informationen auch unter Haus der Geschichte Baden-Württemberg

egp-Logos

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen:
Die Mörder sind unter uns. Der Ulmer Einsatzgruppenprozess 1958. ISBN 978-3-933726-27-8. Preis: 9,80 €.
Der Katalog kann in der Ausstellung am Katalogstand im 3. Obergeschoss des Stadthauses erworben werden oder hier bestellt werden.