19. September 2010 - 21. November 2010
Kirche bauen - Akzeptiert Gott Beton?

Die Pauluskirche
Die Pauluskirche
Foto: Density
Eine Kooperation mit der Evangelischen Kirche, der Universität Stuttgart und dem Fachbereich Stadtentwicklung, Bau und Umwelt der Stadt Ulm.
Die Euphorie, mit der zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Möglichkeiten des damals bereits nicht mehr neuen Baustoffs Eisenbeton gefeiert wurden, kam einem Fanal gleich. Der Ersatzbaustoff Beton, der bislang unsichtbar in Fundamenten und hinter Stilfassaden versteckt blieb, wurde in seinen gestalterischen Qualitäten erkannt und erlebte einen ungeahnten Siegeszug.
Pauluskirche, Portal
Pauluskirche, Portal
Foto: © Boris Miklautsch, Stuttgart

1914 schrieb Erich Mendelsohn: „Das Eisen in Verbindung mit Beton, der Eisenbeton, ist der Baustoff unseres neuen Formwillens, des neuen Stils. Seine neue statische Potenz, fast gleichmäßig auf Zug und Druck beansprucht werden zu können, wird eine neue, seine Logik statischer Gesetze zur Folge haben, seine Logik der Form, seine Harmonie, seine Selbstverständlichkeit.“ Auch für Theodor Fischer, der 1906 bis 1910 mit der Garnisonskirche (Pauluskirche) in Ulm den ersten Kirchenbau in Eisenbeton schuf, waren die neue Formen generierenden Eigenschaften des Materials Grundlage für seinen epochalen Entwurf.

Theodor Fischer, Skizze des Innenraums (Ausschnitt)
Theodor Fischer, Skizze des Innenraums (Ausschnitt)

In der Ausstellung wird diese architektonische Leistung anhand von Originalplänen ebenso gewürdigt, wie die zeitgenössische Ausstattung des Kirchenbaus. Teile des Originalmobiliars werden neben ebenfalls von Fischer entworfenen sakralen Geräten präsentiert. Zugleich steht das Thema „Beton und Sakralbau“ im Focus der Ausstellung. Zugespitzt auf die Frage „Akzeptiert Gott Beton?“ sollen Betonkirchen des 20. Jahrhunderts in Modellen gezeigt werden und beweisen, dass das sperrige und noch immer negativ bewertete Material gerade auch sakrale Stimmungen hervorrufen kann.

Theodor Fischer, Skizze des Innenraums (Ausschnitt)
Theodor Fischer, Skizze des Innenraums (Ausschnitt)

Die „gnadenlose“ Modernität der Sichtbetonbauten der Nachkriegszeit, ihre karge Askese und unverstellte Wahrhaftigkeit, die einst von den Gemeinden gesucht wurden, um die Hierarchie des Herkömmlichen aufzulösen, gilt es heute wieder zu entdecken. Es gilt, ein Material zu rehabilitieren, das kraft seiner in ihm liegenden Fähigkeit zu gestalten immer wieder zu neuen, bislang noch nicht ausgeschöpften Formen und Räumen führen kann.

Der Altarraum
Der Altarraum
Zeitgenöss. Foto

Projektleitung: Dr. Max Stemshorn, Ulm
Wissenschaftliche Bearbeitung: Prof. Dr. Klaus Jan Philipp, Stuttgart
Eröffnung: Samstag, 18. September zur Kulturnacht
Sonntag, 26. September, 10 Uhr
Unverschämt glauben
(2. Timotheus 1, 7-10)
Gottesdienst im Stadthaus anlässlich der Ausstellung

Führungen und Vortrag

Gipsmodell der Pauluskirche
Gipsmodell der Pauluskirche

Samstag, 23. Oktober 2010, 10 Uhr
Führung durch die Pauluskirche
mit Kathrin Schulthess
Treffpunkt: vor der Pauluskirche, Frauenstraße
Teilnahmegebühr: Erwachsene 3,50 €, Kinder 1,50 €, jedes weitere Kind der Familie 0,50 €

Pauluskirche innen
Pauluskirche innen
Foto: Heinz Stadelmann

Donnerstag, 28. Oktober 2010, 17 Uhr
Öffentliche Ausstellungsführung
mit Prof. Dr. Klaus Jan Philipp
Teilnahmegebühr € 3,50
Treffpunkt: Stadthaus-Eingangsbereich
Donnerstag, 28. Oktober 2010, 19 Uhr
Beton - Marmor des 20. Jahrhunderts?
Reputationsgeschichte eines fluiden Materials

Vortrag von Prof. Dr. Klaus Jan Philipp, Institut für
Architekturgeschichte, Architektur und Stadtplanung, Universität Stuttgart
3 €, nur Abendkasse

Pauluskirche, Portal
Pauluskirche, Portal
Foto: © Boris Miklautsch, Stuttgart
Theodor Fischer (ca. 1933)
Theodor Fischer (ca. 1933)
Foto: Architekturmuseum der TU München